Bruckner gesanglich erhaben – Lorenzo Viotti mit den Symphonikern und dem Singverein

Lorenzo Viotti inmitten von SolistInnen, Chor und Orchester im Wiener Musikverein © Thomas Rauchenwald

Eine an Höhepunkten reiche Saison im Wiener Musikverein neigt sich dem Ende zu und steht im letzten Konzert im Zyklus DIE GROSSE SYMPHONIE am 17. Juni 2025 im Großen Musikvereinssaal Lorenzo Viotti am Pult der Wiener Symphoniker, wo, gemeinsam mit dem Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde, einstudiert von Johannes Prinz, und den Solisten Christina Gansch (Sopran), Rachael Wilson (Mezzosopran), Andrew Staples (Tenor) und Derek Welton (Bassbariton), Werke für Soli, Chor und Orchester auf dem Programm stehen.

Zu Beginn ein, passend zur Jahreszeit, äußerst selten gespieltes Werk – FRÜHLINGSBEGRÄBNIS für Sopran, Bariton, Chor und Orchester von Alexander Zemlinsky in der revidierten Fassung aus 1903. Der Komponist nimmt den Tod des Frühlings, sprich das Ende, sehr ernst, bisweilen zu ernst. Das tragische, spannende Werk ist bei den InterpretInnen dieses Abends in sehr guten Händen, vor allem der Chor, der sensiblen wie wirkungsvollen, mit hervorragender Phrasierung gestalteten Chorgesang vernehmen ließ.

Nach der Pause dann als Hauptwerk des Konzertes die im Juni 1872 in der Wiener Augustinerkirche unter der Leitung des Komponisten uraufgeführte MESSE Nr. 3 f-moll WAB WAB 28 für Soli, vierstimmigen gemischten Chor und Orchester von Anton Bruckner – eine großartige Komposition, die theologische Programmmusik auf höchstem Niveau darstellt. Der beinahe naiv gottesfürchtige Komponist hat an den dichtesten Stellen des Werkes ein Höchstmaß an theologischer Ausdeutung und Symbolik gelegt, diese Messe bedeutet Bekenntnis, Evangelium und Verkündigung in einem. Einen besonderen Stellenwert hat das lange Credo: kein Komponist lässt das Glaubensbekenntnis derart strahlen, im Resurrexit brandet ein beispielloser Jubel auf, singulär, wie in keiner anderen Messkomposition.

Die besondere Klanglandschaft, die von weichen ätherischen Klängen bis hin, wie schon gesagt, zu jubelnd wellenden Klängen reicht, wird von Lorenzo Viotti und dem sehr gut aufgestellten Orchester in hervorragender Manier umgesetzt. Auf hohem Niveau agieren die vier GesangssolistInnen, wiederum auf außerordentlich hohem Niveau, wie vor der Pause, singt der Chor, macht seinem Ruf als einer der besten Konzertchöre der Welt derart uneingeschränkt Ehre mit plastisch differenziertem, subtil feinem wie prächtig schallendem, machtvollem Chorgesang. Hingebungsvoll gelingt es dem Dirigenten, mittlerweile einer der gefragtesten seiner Generation, den ganz großen Bogen des Werkes im Auge zu behalten. Das Werk in seiner ganzen demütig gottergebenen, erhabenen Geste gestaltet er äußerst kantabel, mit großem Bogen, wodurch die Messe nicht in Einzelteile zerfällt und der ganze musikalische Fluss dieser wunderbaren Musik zur Geltung kommt. Bei organisch ausgewogenen Tempi, nicht zu schnell, nicht zu langsam, entfaltet sich so das Werk in seiner ganzen Pracht und Größe.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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