PARSIFAL – Analytisch kompakt am Gründonnerstag in der Wiener Staatsoper

Jordan Shanahan, Klaus Florian Vogt, Axel Kober, Günther Groissböck und Anja Kampe nach PARSIFAL an der Wiener Staatsoper © Thomas Rauchenwald

Mitten in der Corona-Pandemie, 2021, kam die aktuelle Inszenierung von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel PARSIFAL an der Wiener Staatsoper in der Inszenierung von Kirill Serebrennikov zur Premiere, damals ohne Publikum, vor fast leerem Haus, mit ein paar ausgewählten JournalistInnen. Es herrschte Grabessstimmung im Haus am Ring, die von der trostlosen Ästhetik der Szene noch verstärkt wurde. Der russische Regisseur deutet das Werk um, siedelt es im realen Gefängnisalltag – irgendwo in einem russischen Gulag? – an, kombiniert mit filmisch anmutenden Videos. Mit PARSIFAL von Richard Wagner hat dies wenig bis gar nichts zu tun. Allerdings: wenn Wagner wollte, dass dieses Werk schmerzt, wird dieser Umstand mit dieser Regiearbeit aufs härteste, schärfste erreicht. Und wirkt die Inszenierung besser, wenn man als Betrachter möglichst weit vorne im Parkett sitzt, und die Videos mit den permanenten Verbrechervisagen auf der dreigeteilten Videowand oberhalb der Szene nicht ständig im Zentrum des Blickes hat …

Kann man sich mit der Szene an diesem Gründonnerstag, den 17. April 2025 auch in der 13. Aufführung in dieser Inszenierung wenig anfreunden, obwohl die Inszenierung mit einigen wenigen, überzeugenden Details aufwartet, entschädigt die musikalische Seite. Das Orchester der Wiener Staatsoper ist blendend aufgestellt, lässt seinen ganzen, kompakten Wohlklang verströmen und zeigt auch scharfe Kanten und Ecken, wenn Axel Kober am Pult dies einfordert. Der wählt eine zügig schlanke Gangart, analytisch, klar, wo erforderlich, den großen Wagner-Klang nicht aussparend, erinnert in seiner Gangart bisweilen ein wenig an Pierre Boulez, auch an Franz Welser-Möst vor einem Jahrzehnt hier in diesem Haus. Seine Tempi sind überzeugend ausgewogen – 100 Minuten für den ersten, 65 für den zweiten, 70 für den dritten, der groß, aber nicht schwer ausflutet. Den SängerInnen auf der Bühne ist er ein unterstützender Partner. Ivo Stanchev ist ein orgelnder Titurel, Jochen Schmeckenbecher ein beißend prägnanter Klingsor. Anja Kampe begeistert mit vollen, hochdramatischen Tönen, Jordan Shanahan, eingesprungen für Ludovic Tezier, überzeugt als mild leidender Amfortas, Günther Groissböck gibt einen mächtig imposanten Gurnemanz, Klaus Florian Vogt singt einen hellen, bestens fokussierten, leuchtenden Parsifal. Dazu noch der plastisch differenziert agierende Chor der Wiener Staatsoper, einstudiert von Thomas Lang.

Man hat’s, was die großartige Musik betrifft, gut als Wagnerianer am Gründonnerstag an der Wiener Staatsoper.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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