Franz Schuberts „Die schöne Müllerin“ mit Puppen im MusikTheater an der Wien

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Szenenfoto mit Florian Boesch und Nikolaus Habjan © Bernd Uhlig

In Kooperation mit der Berliner Staatsoper Unter den Linden, der Elbphilharmonie Hamburg, der Oper Graz, den Bregenzer Festspielen, den Salzkammergut Festwochen Gmunden und dem MusikTheater an der Wien ist zum 200. Geburtstags des Liederzyklus‘ „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert, Text von Wilhelm Müller, eine Re-Komposition des Werkes von Andreas Schett und Markus Kraler entstanden. Das Ergebnis wird nun am 23. November 2023 als szenischer Liederabend in der Halle E im Wiener Museumsquartier gezeigt.

Bassbariton Florian Boesch wird dabei von Franui, einem zehnköpfigen, mit Holz- und Blechbläsern, Saiten- und Streichinstrumenten besetzten Musikensemble aus Osttirol, begleitet; für Inszenierung, Puppenbau und Puppenspiel zeichnet Nikolaus Habjan verantwortlich. In dieser musikalischen Bearbeitung, da sind sich der Sänger und der Regisseur einig, sucht der unglücklich in die Müllerin verliebte Müllergeselle nicht den Freitod im Wasser, sondern schlägt geläutert einen neuen Weg ein, bei dem ihm auch wahrscheinlich wieder eine neue Liebe begegnet: Wie das Leben eben so spielt, der Bach, das Wasser ist in dieser Deutung ein Symbol, eine Stimme der Vernunft. Zu hören ist eine verlängerte Fassung des Werkes: In der Mitte haben die beiden Re-Komponisten Schuberts „Kupelwieser-Walzer“ D Anh. I, 14, den der Komponist anlässlich der Hochzeit seines Freundes Franz Kupelwieser mit Johanna von Lutz im September 1826 komponiert hatte, eingefügt.

Ob man sich nun dieser Interpretation anschließen mag oder nicht, bleibt dahingestellt; ebenso, ob die szenische Darstellung mit Puppen einen Mehrwert nach sich zieht oder nicht. Schett und Kraler gelingt es aber, der Musik Schuberts auf spannende Art und Weise eine neue Richtung zu geben, die man nicht goutieren muss, deren kunstvolle Arbeit und gelungenes Arrangement aber eine völlig andere Sichtweise auf das Stück bietet. Bedenkt man, dass in Berlin beispielsweise die Säle mit Kammermusik und herkömmlichen Liederabenden nicht mehr zu füllen sind, und dass diese bearbeitete Version überall ausverkauft war, finden vielleicht (junge) Menschen mit derartigen Bearbeitungen wieder (leichteren) Zugang zum Genre Kunstlied.

Als Puppenspieler fungieren Sänger und Regisseur gemeinsam. Florian Boesch spielt die Figur des Gesellen, Nikolaus Habjan die Figur der Müllerin: Die schwere Puppe neben dem Singen zu führen stellt eine besondere, zusätzliche Herausforderung für den Gesangssolisten dar.

Psyche, Realität, Zustände, Wünsche und Sehnsüchte eines Menschen sind in Schuberts genialer Musik manifest geworden, die Darstellung mit einer Puppe benötigt es dazu im Grunde nicht. Persönlich ziehe ich daher den Zyklus im Rahmen eines klassisch konzipierten Liederabends mit Gesang und Gestaltung durch einen Pianisten am Klavier dieser re-komponierten Fassung vor. Der imposanten Stimme und den überreichen Ausdrucksnuancen im strömenden Gesang von Florian Boesch wie den zusätzlichen Stimmungsdimensionen der Musicbanda aus Innervillgraten kann man sich jedoch nur sehr schwer entziehen.

Der Publikumsjubel ist gerechtfertigt. Einzelne, deutliche Buhrufe, sollten sie der künstlerischen Darbietung gegolten haben, sind völlig unangebracht. Lediglich die Raumakustik in der Veranstaltungsstätte wäre an diesem Abend verbesserungswürdig gewesen.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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