Die nächste Opernpremiere am Musiktheater Linz in der laufenden Saison gilt am 29. März 2025 PRIHODY LISKY BYSTROUSKY – der im Nationaltheater Brünn 1924 uraufgeführten Oper in drei Akten mit der Musik von Leos Janàcek, mit dem Text vom Komponisten nach der gleichnamigen Erzählung von Rudolf Tesnohlidek – in einer neuen Textfassung von Peter Konwitschny unter Mitarbeit von Christoph Blitt. In dieser Version heißt das Werk nun, nicht unzutreffend, DIE GERISSENE FÜCHSIN.
Dass der gezeigte Lebensweg der Füchsin weder niedlich noch possierlich ist oder das Stück wie leider so oft als Kinderoper missverstanden wie missdeutet wird, hat der mittlerweile 80jährige, vor kurzem in London mit dem Oper! Award 2025 für sein Lebenswerk ausgezeichnete Regisseur Peter Konwitschny nachdrücklich richtig erkannt. Und auch seine famose Personenregie wie explizite Personenführung beeindrucken wie eh und je. Auch der Regieansatz zu dieser zauberhaften, zwischen Menschen- und Tierwelt changierenden Fabel – die Figur der Füchsin dient als Projektionsfläche für die Amouren eines Försters – überzeugt in dieser Inszenierung. Allein mit der Umsetzung dieser an sich werkimmanenten Konzeption kann man dieses Mal nicht so recht glücklich werden. Angesiedelt ist das Werk in Vorstadtslums, die an die Bronx in New York gemahnen: für ein desolates Ambiente wie schrille Kostüme sorgen Timo Dentler und Okarina Peter mit ihrer Ausstattung. Weshalb ist der Förster ein Polizist und der Landstreicher ein an Jack the Ripper erinnernder Juwelendieb und Mädchenmörder? Der Förster erfährt zum musikalisch hymnisch gesteigerten Schluss dieses Mal nicht noch einmal die Liebe im Einklang mit der Natur, sondern trauert, bevor er stirbt, am Grab seiner Gattin, die er einst, als die Füchsin aus seinem Haus geflüchtet war, erschlagen hatte. Auch schließt sich nicht Janàceks Kreislauf des Lebens: die Szene mit dem kleinen Frosch, dessen Großvater den Förster schon zu Beginn des Stückes ins Gesicht gesprungen war, hat Konwitschny einfach gestrichen. Und sieht man auch von diesen neudeutenden Gedanken des Regiealtmeisters ab, völlig deplatziert ist die gossenhafte Jugendsprache, derer sich der neue Text teilweise bedient. So macht sich die Füchsin über den Förster (Cop) lustig, „der seinen Prügel nicht mehr hochkriegt“, biedert sie sich dem jungen Fuchs, „diesen affengeilen Typen“, an und beschimpft Haraschta als „Dreckschwein“. Konwitschny mag noch so betont gegen Verniedlichung und Verwässerung inszenieren – eine derartige Sprache wird Janàceks Werk wenig gerecht.
Was die Besetzung betrifft, bezaubert mit hellem, ausdrucksstark geführtem Sopran Carina Tybjerg Madsen als Füchsin und beeindruckt Michael Wagner als Haraschta. Adam Kim als Förster bleibt bedauerlicherweise blass mit dünnem, wenig charaktervollem Bariton, SeungJick Kim gibt den Fuchs mit lyrischem Tenor – der Umstand, diese Rolle nicht mit einer Frauenstimme zu besetzen, damit sie sich vom Stimmcharakter von der Füchsin abhebt, der genialen Inszenierung von Walter Felsenstein an der Komischen Oper im ehemaligen Ostberlin entnommen, macht überzeugend Sinn.
Hervorragend aufgestellt klingt das Bruckner Orchester Linz an diesem Premierenabend und weiß man schon lange, dass Markus Poschner ein exzellenter Dirigent ist. Mit der eigenartigen, ganz eigenständigen, aus der mährischen Sprachmelodie heraus entwickelten Musik Janàceks scheint er aber noch nicht wirklich vertraut. Die pulsierend sinnliche Musik kommt über weite Strecken spannungsarm daher, nimmt man ihre komplexe Kleinteiligkeit schwer wahr. Mitunter klingt der rauschhaft gesteigerte Klangteppich nach Puccini, die überzogene Motorik nach Schostakowitsch – und gerade so soll und darf Janàcek nicht klingen. Die herrlich lyrischen Abschnitte der Partitur verleiten Poschner zum Schwelgen, zum Verweilen, leider auch zum Schleppen. Das stetig vorwärtsdrängende Fließen von Janàceks zwingender Musik wie deren abgründige Herbheit vermisst man an diesem Abend schmerzlich – verstärkt, weil unterbrochen durch die nicht notwendige Pause nach dem zweiten Akt, ab KATJA KABANOVA haben alle Opern von Janàcek nur noch eine Länge von etwas mehr als eineinhalb Stunden.
Leider wird an diesem Abend der individuelle, wunderbare Charakter der dritten, seiner sog. „Kamila-Opern“ des Weltmusik aus Mähren schaffenden Komponisten weder szenisch noch musikalisch überzeugend erfasst. Von der Regie eigenartig platt interpretiert, weicht in der Musik die schroffe, wehmütige Melancholie, die Janàceks Musik so speziell macht, breiter, cremiger Larmoyanz, wodurch die Not und das Sinnieren des Komponisten über die unerfüllte Liebe zu seiner Muse, die aus seinem Inneren voller Trauer in sein Werk geflossen sind, nicht wirklich zum Tragen kommen. Aber vielleicht wird da noch nachgeschärft, diese FÜCHSIN steht in Linz ja noch bis Juni 2025 auf dem Spielplan.