Anlässlich des 150. Geburtstages von Arnold Schönberg bereichern eine Reihe von Werken dieses Komponisten das Festival „Courage!“ im Wiener Musikverein, so auch im Konzert der Wiener Symphoniker am 8. Juni 2024 – unter der Leitung des russisch-finnischen Dirigenten Dima Slobodeniouk gemeinsam mit dem von Johannes Prinz einstudierten Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde, Sven-Eric Bechtolf als Sprecher sowie Vera-Lotte Boecker und Tareq Nazmi als Gesangssolisten.
Zu Beginn steht ein sehr selten gespieltes Werk auf dem Programm: „Kol Nidre“, op. 39, für Sprecher (Rabbi), Chor und Orchester. Das – von einer Stelle im Hebräischen abgesehen – in englischer Sprache stehende Werk, das übersetzt „Alle Gelübde“ bedeutet, ist nicht in Zwölfton-Technik gehalten, sondern kreist um ein tonales Zentrum. Der als Sprecher aufgebotene Schauspieler deklamiert dabei ungemein eindringlich als Rabbi, assistiert vom Chor mit starker Intensität, zusätzlich vertieft durch das motivierte Orchester, und wird so der Ausdrucksgehalt des Textes mit beeindruckender Gesamtwirkung vermittelt.
Nach einer Pause – wofür eigentlich nach einem dreizehnminütigen Werk, von dem sich gewiss ein interessanter Bogen zum folgenden Werk spannen hätte lassen – dann „Ein deutsches Requiem“, op. 45, nach Worten der Heiligen Schrift für Soli, Chor und Orchester von Johannes Brahms. Dieses Werk, zu dessen Abschluss Brahms wohl durch den Tod seiner Mutter angeregt wurde, malt nicht die Schrecken des Jüngsten Gerichtes, sondern soll vor allem den Hinterbliebenen Trost spenden. Der Dirigent setzt auf forsche, zügige Tempi, in 70 Minuten durchmisst er das Werk in einem Zug, hält es gekonnt in flüssiger Spannung, sämtlicher Erdenschwere entbehrend. Der Chor steuert wortdeutlichen, sanft schwebenden wie groß schallenden Gesang bei, auch die beiden Solisten vermögen zu überzeugen. Störend, dass die Wiedergabe sowohl durch jeweils nach dem ersten und zweiten Abschnitt kurz aufbrandenden Applaus unterbrochen wurde und das Publikum an diesem Abend wesentlich unruhiger als sonst die Wiedergabe verfolgte.