Beethoven streng, zwingend im Wiener Konzerthaus: Elisabeth Leonskaja mit den letzten drei Klaviersonaten

Elisabeth Leonskaja mit den letzten drei Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven im Wiener Konzerthaus © Thomas Rauchenwald

Die seit 1978 in Österreich lebende, aus Tiflis stammende Elisabeth Leonskaja zählt nach wie vor zu den führenden PianistInnen und bedeutendsten InterpretInnen unserer Zeit. Im Rahmen des 41. Internationalen Musikfestes des Wiener Konzerthauses spielt sie im Mozart-Saal auf einem hervorragend gestimmten, wunderbar klingenden Steinway-Flügel die drei letzten Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven. Das Konzert findet in memoriam der im März dieses Jahres verstorbenen Fotografin Christine de Grancy statt.

Dem Charakter der Werke als Trias entsprechend, interpretiert sie diese Monolithen der Klaviermusik ohne Pause. Bevor über nähere Details berichtet wird: wie die Interpretation dieser Werke ihres Mentors, der auf ihre künstlerische Entwicklung großen Einfluss hatte, des legendären russischen Ausnahmepianisten Svjatoslav Richter, verfügt ihre Sichtweise dieser Trias über zwingende Strenge, jedoch ohne das sperrig grimme, bisweilen kalte Klavierspiel Richters.

Die sympathische, bescheidene Künstlerin ist eine ebensolche Ausnahmepianistin. Herrlich ihre Anschlagskultur, die feinen, differenzierten Nuancierungen, ihre höchst ergreifende Gestaltung stellen eine Klasse für sich dar, wie es heute leider selten geworden ist.

Wo beginnen an diesem außergewöhnlichen Abend? Hervorzuheben sind jedenfalls ihre dramatische Präsenz wie tief empfundene Lyrik, genauso wie ihre kräftige Leidenschaft, mit der sie dynamische Kontraste herausarbeitet, die rhythmische Konsistenz ihres Vortrags am Klavier. Wenn Richter die Konzentration der Interpretation auf das Wesentliche von Beethovens Noten reduziert, gestattet sie sich doch manch‘ freien, überzeugenden rhapsodisch-romantischen Ausflug und gönnt sich einige, klug gesetzte tempi rubati.

Auf jeden einzelnen Satz der jeweiligen Werke einzugehen, würde zu weit führen. Als Höhepunkte der Wiedergabe zu nennen sind die bachisch anmutend wiedergegebenen Variationen der Sonate Nr. 30 E-Dur op. 109, Gesangvoll, mit innigster Empfindung, das lyrische Fließen des Adagio ma non troppo der Sonate Nr. 31 As-Dur op. 110 und die strikt anschließende Fuga. Allegro ma non troppo, sowie die ungemein verhalten beginnende, gesangvoll daherkommende, dann mehr und mehr gesteigerte, groß aufgetürmte und subtil verklingende Arietta aus der Sonate Nr. 32 c-moll op. 111, wobei ein/e PianistIn selten Beethovens Satzbezeichnung Adagio molto semplice e cantabile so ernst und genau nimmt wie Elisabeth Leonskaja an diesem Abend.

Stehende Ovationen am Schluss, wofür sich diese Ausnahmekünstlerin beim begeisterten, während des Konzertes höchst konzentrierten Publikum mit dem zweiten Satz, Andante, aus der Klaviersonate C-Dur KV 545, der „Sonata facile“ von Wolfgang Amadeus Mozart, bedankt.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

Kommentare

  1. Doris Flekatsch

    War genauso hellauf begeistert von dem Abend und stimme diesen Kommentaren vollauf zu!

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