Gastspiele bedeutender Orchester sind ein jährlicher Fixpunkt beim Internationalen Brucknerfest Linz und gastiert in diesem Jahr am 13. September 2025 im nicht ausverkauften Großen Saal im Brucknerhaus Linz die Sächsische Staatskapelle Dresden, eines der ältesten und traditionsreichsten Orchester der Welt, unter der Leitung von Daniele Gatti, Chefdirigent der Formation seit der Saison 2024/25.
Als Hauptwerk steht die Symphonie Nr. 5 cis-moll von Gustav Mahler, im Oktober 1904 in Köln uraufgeführt, noch vor seinem Tod 1911 uminstrumentiert, auf dem Programm. Nach einer Aufführung seiner Symphonie hat Mahler selbst festgehalten: „Die Fünfte ist ein verfluchtes Werk. Niemand capiert sie.“
Schwermut, Trauer, Resignation, Sehnsucht nach Erlösung und Überwindung dessen in einem strahlenden Abschluss sprechen aus den Tönen dieses Werkes. Diese aufwühlende Musik hat kein Programm, das Stück ist ganz auf das Finale ausgerichtet – und genau so interpretiert der ohne Partitur dirigierende Daniele Gatti mit dem in allen Instrumentengruppen sehr gut aufgestellten Orchester das Werk. Zu Beginn nimmt sich Gatti noch etwas zurück, Blech und Schlagwerk könnten vor allem im ersten, trauermarschartigen Satz mehr Biss, mehr Kraft haben. Bereits im stürmisch bewegten zweiten Satz wendet sich das Blatt, plötzlich ist das Orchester voll da. Ab dem dritten Satz, einem kunstvoll ausgearbeiteten Scherzo, führt Gatti das Orchester schlafwandlerisch, mit perfektem Schlag wie auffällig subtilem Modellieren zügig durch das Werk. Gefühlvoll, lyrisch erfüllt, nie an Kitsch erinnernd, gelingt der vierte Satz, das berühmte Adagietto. Der in freier Rondoform gehaltene, fünfte Satz gipfelt in Gattis souveränen, reifen Dirigat in einer gewaltigen Schlussapotheose des im Verlauf des Abends mehr und mehr leuchtkräftig musizierenden Orchesters.
Auf den Punkt gebracht, wählt Gatti genau die richtigen Tempi, setzt nicht auf vordergründige Effekte, und lässt seine spannungsgeladene Interpretation in einem vor Freude sprühenden Finale kulminieren. Zu Recht daher stehende Ovationen für die Gäste aus Dresden und ihrem Chef vom Linzer Publikum.
Vor Mahlers V. gab es in diesem pausenlosen Konzert noch das 1957 uraufgeführte „Requiem für Streichorchester“ von Toru Takemitsu, der mit dieser zwischen Avantgarde, mixed media und traditioneller Musik changierender Komposition seinen internationalen Durchbruch geschafft hatte. Der golden warme Ton der Dresdner Streicher passt genau zu diesem aufrichtig leidenschaftlichen Werk.
 
											