Morgen, am 26. Juli 2025, werden die diesjährigen Salzburger Festspiele eröffnet. Vor ein paar Wochen, am 17. Juni 2025, ist einer der größten Pianisten unserer Zeit gestorben: Alfred Brendel, dessen gleichsam anspruchsvollen wie durchdachten Auftritte ab 1977 zu den alljährlichen Fix- wie Höhepunkten des Salzburger Konzertsommers gehörten.
Schwelgen Sie mit mir ein wenig in Erinnerungen.
1984 hat Alfred Brendel einen unvergesslichen Abend mit Werken von Franz Schubert gespielt, unter anderen die Sonate a-moll D 784, eine von Schuberts schmerzlichsten, trostlosesten. Das konzentrierte Werk hat Brendel unvergleichlich interpretiert, die Fülle seiner Interpretation steht über der asketisch pianistischen Form dieses Werkes. Eine vollkommen überzeugende musikalisch wie künstlerische Einheit bildet auch Brendels Interpretation der unvollendeten, zweisätzigen Sonate C-Dur D 840, der sog. „Reliquie“, am selben Abend. Schuberts Abgründe werden in einem bisweilen sperrig anmutenden Klavierspiel bis in alle Nuancen und Tiefen ausgelotet. Übrigens hat Brendel, der in späteren Jahren einen Steinway-Flügel bevorzugt hat, damals noch einen Wiener Bösendorfer-Flügel gespielt.
Franz Liszt meinte, dass Klaviertranskriptionen, die er praktisch erfunden habe, am besten funktionierten, wenn sie eine gleichsam eheliche Treue dem Original gegenüber bewahren – was bestimmt für seine Transkription von Isolde’s „Liebestod“ aus Wagners „Tristan und Isolde“ zutrifft. Alfred Brendel hat das Stück 1985 in Salzburg gespielt – stimmungsvoll, mit sogartig aufrauschendem, ungemein mächtigem, an ein farbiges Orchester erinnernden Klavierklang.
„Hier kam im Salzburger Festspielhaus ein Equilibrium zwischen Überblick und Detail zustande, wie es sich bei diesem ebenso wunderbaren wie prekären Werk nicht jeden Tag einstellt.“, wie Alfred Brendel selbst über seine Interpretation der Sonate Nr. 31 As-Dur op. 110 von Ludwig van Beethoven 2007 festgehalten hat, wo dessen Klavierspiel in vollendetem Legato nur so dahinfließt und die abschließende Fuge in einem nahezu jubelnden Schluss gipfelt. Und im selben Konzert gab’s wieder Schubert als Zugabe, das umfangreiche Impromptu f-moll D 935 No. 1, das Alfred Brendel in seiner ganzen grenzenlosen Melancholie und Wehmut auf dem Flügel zum Singen bringt.
„Die Salzburger Festspiele verneigen sich in großer Dankbarkeit vor Alfred Brendel, einem großen Künstler, einem unvergleichlichen Pianisten und einem wirklichen Freund„, so Intendant Markus Hinterhäuser. Dem ist nichts hinzuzufügen.