Um eingangs dezidiert festzuhalten: die Kammeroper muss als Kulturinstitution in Wien unbedingt erhalten bleiben, deren Spielbetrieb darf nicht eingestellt werden. Die Spielstätte spielt eine wesentliche Rolle in der Opern-Nachwuchsförderung, die Stadt Wien möge sich dazu aufraffen, diesbezüglich entsprechende Zukunftspläne zu gestalten.
Ende des sich zu Ende neigenden Jahres 2025 gibt es am Fleischmarkt noch L’ORONTEA mit der Musik von Antonio Cesti zu erleben, ein dramma per musica in einem Prolog und drei Akten mit dem Libretto von Giacinto Andrea Cicognini, Prolog von Giovanni Francesco Apolloni, uraufgeführt im Februar 1656 am Hof in Innsbruck. Neben Francesco Cavalli gehört Cesti zu einer Generation von Komponisten, der die präzise Deklamation von Claudio Monteverdi mit Musik, sprich Melodien von großer Sinnlichkeit verbindet und mit L’Orontea ein diesbezüglich richtungsweisendes Werk geschaffen hat.
Die Partitur des Werkes besteht, wie in seiner Entstehungszeit üblich, nur aus Gesangslinien und dem Bass mit einigen kurzen Vor- und Zwischenspielen. Die Instrumentenbesetzung sowie das Hinzufügen von weiteren Vor- und Zwischenspielen ist Aufgabe des jeweiligen Dirigenten einer Aufführung. Die Umsetzung in der Kammeroper gerät äußerst luxuriös mit Violinen, Violone, Cembalo und Percussion, Harfe, Erzlaute und Theorbe, Gitarre, Lirone und zwei Zinken, die auch Blockflöte spielen: Wolfgang Katschner mit der famosen lautten comgagney BERLIN erzeugt ein ungemein farbiges, vielfältiges Klangspektrum, die Formation beeindruckt mit ihrem edlen, warmen Klang. Die zusätzlich verwendeten Instrumentalstücke stammen überwiegend von Marco Uccellini.
Die Produktion des MusikTheaters an der Wien in der Kammeroper macht klar, warum das Stück im 17. Jahrhundert ein Kassenschlager war. Mit einfachen Mitteln ohne Umschweife, ohne Parallel- oder Rahmenhandlung, ohne zusätzliche Figuren, ohne Choreografie oder Puppen, wird das Stück erzählt, dezent aufgepeppt, um der heutigen Zeit gerecht zu werden. In ernsten und komischen Szenen wird entsprechend der Vorlage ein Gesellschaftspanorama von Herrschenden und Dienern gezeigt, es regieren Liebe, Betrug und Eifersucht. Betont werden dabei von der Regie die komischen Züge des weder mythologisch noch historischen Stoffes: Regisseur Tomo Sugao hat eine äußerst lebendige, bewegungsreiche, quirlige Inszenierung geschaffen, unterstützt von Julia Katharina Berndt (Ausstattung), Karl Wiedermann (Licht) und Kai Weßler (Dramaturgie).
Dass Langatmigkeit nicht einmal ansatzweise aufkommt im Verlauf des beinahe dreistündigen Abends, dafür sorgt auch in der Vorstellung am 18. Dezember 2025 ein höchst ambitioniertes, junges Ensemble von SängerInnen – Hilary Cronin (Orontea), Gabriel Diaz (Alidoro), Alexander Strömer (Creonte/Gelone), Maria Ladurner (Silandra), Johannes Wieners (Corindo), Theres Troyer (Giacinta), Stephen Chaundy (Aristea) und Manhan Qi (Tibrino).
Das Publikum im ausverkauften Haus spendet zu Recht begeisterten Beifall.