„Es (Anmerkung: das Lateinische) hat den Vorzug, ein Material zu sein, das nicht tot ist, aber versteinert, monumental und aller Trivialität entzogen.“ – so Igor Strawinsky über die Sprache, die er für OEDIPUS REX, sein Opern-Oratorium in zwei Akten auf ein Libretto von Jean Cocteau nach Sophokles wählte. Die Partitur stellt ein Schlüsselwerk des musikalischen Neoklassizismus dar und steht das Werk in Salzburg am Ende der Ouvertüre Spirituelle und zu Beginn der Sommerfestspiele 2025 auf dem Programm des ersten Konzertes der Wiener Philharmoniker in der Matinee am 27. Juli 2025.
Nachdem Dirigent Lorenzo Viotti krankheitshalber kurzfristig absagen musste, hat Esa-Pekka Salonen die musikalische Leitung übernommen und ist das archaische Werk mit seinem monumentalen, statischen und ritualhaften Charakter bei diesem Dirigenten in den besten Händen. Straff, permanent unter Hochspannung, führt er das mit phänomenaler Klang- und Orchesterkultur aufwartende Orchester und den höchst plastisch wie differenziert singenden Wiener Singverein, einstudiert von Johannes Prinz, durch das Werk. Ebenso ist eine erlesene Besetzung aufgeboten, angeführt von Allan Clayton mit strahlkräftigem, am Ende verzweifelt blankes Entsetzen verströmenden Tenor und Marina Viotti als stimmgewaltige, beeindruckende Jokaste, ergänzt von Michael Volle (Kreon/Bote), Albert Dohmen (Teiresias) und Antonin Rondepierre (Hirte). Dazu gibt Schauspielstar Christoph Waltz den Sprecher „mit teilnahmsloser Stimme“, wie von Strawinsky gewünscht und könnte die Handlung doch weit mehr dramatisch ausgebreitet werden, teilnahmslos soll nicht belanglos brav bedeuten. Jubel gibt es in diesem außerordentlichen Konzert bereits zur Pause – und gelingt es Salonen, mit der aufgeladenen Höchstspannung nahtlos im zweiten Teil des Konzertes anzuschließen, fortzufahren und bis zum Ende zu halten.
Prägt das Schicksal als feindliche, unbeugsame Macht Strawinskys Opern-Oratorium, kennzeichnet die „Idee fixe“ die Symphonie fantastique op. 14 – Èpisode de la vie d’un artiste en cinq parties von Hector Berlioz, die im zweiten Teil der Matinee auf dem Programm steht. Der virtuose, in allen Instrumentengruppen wie sonst nur an Festtagen aufgestellte Klangkörper folgt Salonen bereitwillig und mit Freude bei seinen Vorgaben: flüssig, transparent, differenziert, scharf akzentuiert, mit größter Vehemenz, funkelnd irrlichtern gestaltet er dieses Werk, die für die damalige Zeit gewiss revolutionäre Orchestrierung, ohne die Liszt, Wagner, Mahler und Richard Strauss undenkbar wären, geschärft herausarbeitend. Am Schluss eines fordernden Konzertes langer, orkanartiger Publikumsjubel, der nicht enden will.
 
											