Klaus Florian Vogt als eindringlicher TANNHÄUSER an der Deutschen Oper Berlin

Protagonisten nach TANNHÄUSER am Palmsonntag 2025 an der Deutschen Oper Berlin © Thomas Rauchenwald

In der Deutschen Oper Berlin, wo Richard Wagners musikdramatische Werke glücklicherweise nach wie vor hohe Bedeutung genießen, kommt am Palmsonntag, den 13. April 2025 TANNHÄUSER UND DER SÄNGERKRIEG AUF WARTBURG, die romantische Oper in drei Aufzügen, uraufgeführt in Dresden im Oktober 1845, in der Dresdner Fassung zur Aufführung.

In der Titelrolle, die als eine der anspruchsvollsten Tenorpartien Richard Wagners überhaupt gilt, ist Klaus Florian Vogt zu erleben, unverwüstlich mit seinem betont hellem Timbre, seinem immer kräftiger werdenden Tenor. Der durch und durch sympathische Künstler hat an diesem Abend alles, was ein exzellenter Tannhäuser braucht, um zu begeistern, sprich Leidenschaft, Reue, Zerknirschung, aber auch Liebe, Abscheu, Verzweiflung, Ironie, Wut. Zunehmend mischt er seinem weiß glänzenden, androgynen Tenor auch männlich herbe Farben bei: Seine „Erbarm‘ Dich mein!“ Rufe im zweiten Akt gehen ins Herz, seine insgesamt beeindruckende Interpretation krönt er mit einer starken, ungemein hintergründigen Romerzählung im dritten Akt, auch was den Tonfall betrifft. Unglaublich das Pensum, was dieser Sänger zur Zeit absolviert: Nach LOHENGRIN in Barcelona und TANNHÄUSER in Berlin folgen unmittelbar PARSIFAL und wieder LOHENGRIN in Wien.

Die Aufführung überhaupt hat, was die musikalische Seite betrifft, ganz große Klasse. Elisabeth Teige begeistert als Venus und Elisabeth mit fast schon hochdramatischem, perfekt fokussiertem, auch zu leisen, feinen tönen fähigen Sopran auf beachtlichem Stimmfundament in den tiefen Regionen. Eindringlich als Venus, überwältigt sie nahezu mit Stimmjubel in der Hallenarie und schließt mit einem zu Herzen rührenden Gebet im Schlussakt. Bei behutsamer Weiterentwicklung dieser Stimme wächst und reift da bald eine ausgezeichnete Interpretin von Isolde und Brünnhilde heran, nur an der Artikulation muss die Sängerin noch feilen, bleiben doch Textverständlichkeit und Wortdeutlichkeit bleiben manchmal auf der Strecke. Samuel Hasselhorn singt Wolfram von Eschenbach – mit balsamisch weichem, vibrierendem Bariton, ohne jegliche Kraftanstrengung, ganz aus der Artikulation und Diktion eines Liedsängers heraus, – ausgezeichnet, ungemein berührend, auch in seiner Darstellung. Tobias Kehrer gibt den Landgrafen mit mächtigem, vor allem in der Tiefe imposantem Bass, auch mit ein paar rauhen Tönen, die Ritter klingen selten homogen – Kangyoon Shine Lee (Walter von der Vogelweide), Joel Allison (Biterolf), Jörg Schörner (Heinrich der Schreiber) und Gerard Farreras (Reinmar von Zweter). Lilit Davytan, Stipendiatin Theodora Schnauck-Betow / Dr. Angelika Volle singt den Hirten. Jeremy Bines hat Chor und Extrachor der Deutschen Oper Berlin ausgezeichnet für seine dankbare Aufgabe präpariert; machtvoll, prächtig schallt es da im Haus an der Bismarckstraße. Und John Fiore am Pult des blendend disponierten Orchesters der Deutschen Oper Berlin setzt von Beginn an auf Schwung und Zug, was seine betont klangvolle, transparent präzise Interpretation betrifft.

Die Inszenierung von Kirsten Harms, mit Ausstattung und Licht von Bernd Damovsky, kam bereits im November 2008 zur Premiere – und ist in einer archaischen Bilderwelt, wo Ritter dominieren, angesiedelt und überzeugt noch heute, was Stimmungen und Werkimmanenz betrifft. In betont schlichter, aber zwingender Personenregie wie Personenführung arbeitet Harms überdeutlich die zwei Utopien von TANNHÄUSER heraus – einerseits die des Venusberges, dem die hohe Minne fehlt, andererseits die der Wartburg, der die Sinnenfreudigkeit fehlt, was deutlich in der Personalunion von Venus und Elisabeth zum Ausdruck kommt. Das Denken der scheinheiligen Gesellschaft verhindert, dass die Liebenden, die dieses Denken ebenfalls in sich tragen, zueinanderkommen.

Für die Ausführenden gibt’s vom Publikum zum Schluss donnernden, jubelnden Applaus.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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